Text
Aria
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1. Beschränkt, ihr Weisen dieser Welt,
die Freundschaft immer auf die gleichen
und leugnet, dass sich Gott gesellt
mit denen, die ihn nicht erreichen;
ist Gott schon alles, und ich nichts,
ich Schatten, er die Quell des Lichts,
er noch so stark, ich noch zu blöde,
er noch so rein, ich noch zu schnöde,
er noch so gross, ich noch so klein.
Mein Freund ist mein, und ich bin sein
2. Mein Goel, mein Immanuel,
mein Mittler konnte Mittel finden,
sich meiner hocherhebten Seel,
die ihn herabzog, zu verbinden;
mein Salomo, mein Jonathan,
mein Bräutigam, mein Gott und Mann
kam von dem Himmel auf die Erden,
mein Mut und Blutesfreund zu werden,
an Leib und Geist, mein Fleisch und Bein.
Mein Freund ist mein, und ich bin sein.
3. Gott, welcher seinen Sohn mir gab,
gewährt mir alles mit dem Sohne,
nicht nur sein Kreuz, nicht nur sein Grab,
auch seinen Thron, auch seine Krone;
ja, was er redet, hat und tut,
sein Wort, sein Geist, sein Fleisch und Blut,
was er gewonnen und erstritten,
was er geleistet und gelitten,
das räumet er mir alles ein.
Mein Freund ist mein, und ich bin sein.
4. Ich finde Nutzen, Lust und Ehr
bei unserm Bund im höchsten Grade;
er heischet von mir nichtes mehr
als Glauben und ich nichts als Gnade.
O wohl der Wahl, die uns gefügt!
weg, Reu und Tausch! ich bin vergnügt
in ihm und er mit mir zufrieden;
drum bleibt bei beiden ungeschieden
ein Herz und Mund, ein Ja und Nein.
Mein Freund ist mein, und ich bin sein.
5. Zwar kann er aller Christen Mut
mit seiner Liebe sattsam weiden,
wir dörfen um dies höchste Gut
nicht eifern noch einander neiden;
durch Unsern gierigsten Genus
erschöpft sich nicht sein Überfluss;
so will ich ihm zwar keinen leugnen
doch mir vor allen andern eignen.
Welt, zank dich um das Mein und Dein,
mein Freund ist mein, und ich bin sein.
6. Mein Freund ist meiner Seelen Geist,
mein Freund ist meines Leibes Leben,
nach einem, der mich seine heisst,
und sonst nach keinem soll ich streben;
dem ich mich, der sich mir ergibt,
den ich und der mich wieder liebt,
von dem ich nicht mehr kann begehren,
der mir nichts bessers kann gewähren,
dies Licht verblendet allen Schein.
Mein Freund ist mein, und ich bin sein.
7. Ohn ihn ist mir der Himmel trüb,
die Erd ein offner Höllenrachen,
hingegen kann mir seine Lieb
die Einöd selbst zu Eden machen;
ohn ihn ist mir, trotz aller Meng,
die Weil zu lang, die Welt zu eng.
Ich bin, wann Feind und Freunde fliehen,
wann sich die Engel selbst entziehen,
zwar einsam, aber nicht allein.
Mein Freund ist mein, und ich bin sein.
8. Man nehme alles, was ich hab
man gebe mir nichts, was ich heische,
man schäl mich aus, man streif mich ab,
man zieh mir Kleid und Haut vom Fleische,
ja Speis und Trank und was man will:
mein Freund bleibt meine Hüll und Füll.
Die Welt mag alles mir entrauben,
sie lasse mir nur meinen Glauben,
so bleibt nichts, eins und alles mein.
Mein Freund ist mein, und ich bin sein.
9. Sein ist mein Leib und meine Seel,
die er erschuf und auch erlöste,
hie nährt und salbt mit seinem Öl,
bis er dort beide ewig tröste;
sein ist mein Mut, sein ist mein Sinn,
sein ist, mit kurzem, was ich bin,
ja, was ich um und an mir habe,
ist alles seine Gnadengabe,
die macht mich auch vom Undank rein.
Mein Freund ist mein, und ich bin sein.
10. Sein ist mein Werk, sein ist mein Ruhm,
Er suchte mich, eh ich ihn fande,
ich habe für mein Eigentum
sonst leider nichts als Sünd und Schande;
doch hat mein Freund auch diese Last
zusamt dem Kreuz auf sich gefasst
und, meine Feindschaft abzuschaffen,
die scharf gebüsste Schuld und Strafen
verscharrt in seines Grabes Schrein.
Mein Freund ist mein, und ich bin sein.
11. Sein ist mein Glück und meine Zeit,
sein ist mein Sterben und mein Leben
zu seinem Ehrendienst geweiht,
von ihm bestimmt und ihm ergeben;
es kommet, was ich lass und tu,
von ihm her und ihm wieder zu.
Sein sind auch alle meine Schmerzen,
die er ihm zärtlich zieht zu Herzen,
er fühlt und ahndet meine Pein.
Mein Freund ist mein, und ich bin sein.
12. Es zürn und stürme jeder Feind,
er macht nicht, dass ich viel erstaune,
der Richter ist mein bester Freund,
drum schreckt mich nicht die Weckposaune;
ob Erd und Himmel bricht und kracht,
ob Leib und Seele mir verschmacht,
wann meine Beine schon verwesen,
so wird mein Wahlspruch doch zu lesen
noch haften an dem Grabesstein.
Mein Freund ist mein, und ich bin sein. |