Johann Sebastian Bach

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BWV 201
Titel Geschwinde, ihr wirbelnden Winde (Der Streit zwischen Phoebus und Pan)
Komponiert 1729, Leipzig
Besetzung

Vierstimmiger gemischter Chor
Sopran solo
Alt solo
Tenor I solo
Tenor II solo
Bass I solo
Bass II solo
Trompete I + II + III
Pauke
Traversflöte I + II
Oboe I + II
Oboe d`amore
Violine I + II
Viola
Basso continuo

Sätze Chor: Geschwinde, ihr wirbelnden Winde
Rezitativ (Sopran, Bass I, Bass II): Und du bist doch so unverschämt
Arie (Sopran): Patron, das macht der Wind
Rezitativ (Alt, Bass I, Bass II): Was braucht ihr euch zu zanken?
Arie (Bass I): Mit Verlangen
Rezitativ (Sopran): Pan, rücke deine Kehle nun
Arie (Bass II): Zu Tanze, zu Sprunge, so wackelt das Herz
Rezitativ (Alt, Tenor I): Nun mehro Richter her
Arie (Tenor I): Phoebus, deine Melodei
Rezitativ (Tenor II, Bass II): Komm, Mydas, sage du nun
Arie (Tenor II): Pan ist Meister, lasst ihn gehn
Rezitativ (Sopran, Alt; Tenor I + II, Bass I + II): Wie, Mydas, bist du toll
Arie (Alt): Aufgeblasne Hitze, aber wenig Grüze
Rezitativ (Sopran): Du guter Mydas, geh nun hin
Chor: Labt das Herz, ihr holden Saiten
Kategorie Weltliche Kantate
Kirchenjahr Unbekannt
Autor des Textes Christian Friedrich Henrici (Picander) 1732
Text
Chor:
Sopran, Alt, Tenor, Bass
Trompete I + II + III
Pauke
Traversflöte I + II
Oboe I + II
Violine I + II
Viola
Basso continuo

Rezitativ:
Sopran solo, Bass I solo, Bass II solo
Basso continuo





















Arie:
Sopran solo (Momus)
Basso continuo






Rezitativ:
Alt solo, Bass I solo; Bass II solo
Basso continuo









Arie:
Bass I solo (Phoebus)
Traversflöte
Oboe d`amore
Violine I + II
Viola
Basso continuo

Rezitativ:
Sopran solo, Bass II solo
Basso continuo



Arie: Bass II solo (Pan)
Violine I + II
Basso continuo


Rezitativ:
Alt solo, Tenor I solo
Basso continuo






Arie:
Tenor I solo (Tmolus)
Oboe d`amore I
Basso continuo



Rezitativ:
Tenor II solo, Bass II solo
Basso continuo









Arie:
Tenor II solo (Midas)
Violine I + II
Basso continuo


Rezitativ:
Sopran solo, Alt solo, Tenor I solo; Tenor II solo, Bass I solo, Bass II solo
Basso continuo














Arie:
Alt solo (Mercurius)
Traversflöte I + II
Basso continuo





Rezitativ:
Sopran solo (Momus)
Violine I + II
Viola
Basso continuo









Chor:
Sopran, Alt, Tenor, Bass
Trompete I + II + III
Pauke
Traversflöte I + II
Oboe I + II
Violine I + II
Viola
Basso continuo


Geschwinde,
Ihr wirbelnden Winde,
Auf einmal zusammen zur Höhle hinein!
Dass das Hin- und Widerschallen
Selbst dem Echo mag gefallen
Und den Lüften lieblich sein.



Bass I (Phoebus): Und du bist doch so unverschämt und frei,
Mir in das Angesicht zu sagen,
Dass dein Gesang
Viel herrlicher als meiner sei?
Bass II (Pan): Wie kannst du doch so lange fragen?
Der ganze Wald bewundert meinen Klang;
Das Nymphenchor,
Das mein von mir erfundnes Rohr
Von sieben wohlgesetzten Stufen
Zu tanzen öfters aufgerufen,
Wird dir von selbsten zugestehn:
Pan singt vor allen andern schön.
Bass I (Phoebus): Vor Nymphen bist du recht;
Allein, die Götter zu vergnügen,
Ist deine Flöte viel zu schlecht.
Bass II (Pan): Sobald mein Ton die Luft erfüllt,
So hüpfen die Berge, so tanzet das Wild,
So müssen sich die Zweige biegen,
Und unter denen Sternen
Geht ein entzücktes Springen für:
Die Vögel setzen sich zu mir
Und wollen von mir singen lernen.
Sopran (Momus): Ei! hört mir doch den Pan,
Den grossen Meistersänger, an!

Patron, das macht der Wind.
Dass man prahlt und hat kein Geld,
Dass man das für Wahrheit hält,
Was nur in die Augen fällt,
Dass die Toren weise sind,
Dass das Glücke selber blind,
Patron, das macht der Wind.

Alt (Mercurius): Was braucht ihr euch zu zanken?
Ihr weichet doch einander nicht.
Nach meinen wenigen Gedanken,
So wähle sich ein jeder einen Mann,
Der zwischen euch das Urteil spricht;
Lasst sehn, wer fällt euch ein?
Bass I (Phoebus): Der Tmolus soll mein Richter sein,
Bass II (Pan): Und Midas sei auf meiner Seite.
Alt (Mercurius): So tretet her, ihr lieben Leute,
Hört alles fleissig an
Und merket, wer das Beste kann!

Mit Verlangen
Drück ich deine zarten Wangen,
Holder, schöner Hyazinth.
Und dein' Augen küss ich gerne,
Weil sie meine Morgensterne
Und der Seele Sonne sind.

Sopran (Momus): Pan, rücke deine Kehle nun
In wohlgestimmte Falten!
Bass II (Pan): Ich will mein Bestes tun
Und mich noch herrlicher als Phoebus halten.

Zu Tanze, zu Sprunge, so wackelt das Herz.
Wenn der Ton zu mühsam klingt
Und der Mund gebunden singt,
So erweckt es keinen Scherz.

Alt (Mercurius): Nunmehro Richter her!
Tenor I (Tmolus): Das Urteil fällt mir gar nicht schwer;
Die Wahrheit wird es selber sagen,
Dass Phoebus hier den Preis davongetragen.
Pan singet vor dem Wald,
Die Nymphen kann er wohl ergötzen;
Jedoch, so schön als Phoebus' Klang erschallt,
Ist seine Flöte nicht zu schätzen.

Phoebus, deine Melodei
Hat die Anmut selbst geboren.
Aber wer die Kunst versteht,
Wie dein Ton verwundernd geht,
Wird dabei aus sich verloren.

Bass II (Pan): Komm, Midas, sage du nun an,
Was ich getan!
Tenor II (Midas): Ach, Pan! wie hast du mich gestärkt,
Dein Lied hat mir so wohl geklungen,
Dass ich es mir auf einmal gleich gemerkt.
Nun geh ich hier im Grünen auf und nieder
Und lern es denen Bäumen wieder.
Der Phoebus macht es gar zu bunt,
Allein, dein allerliebster Mund
Sang leicht und ungezwungen.

Pan ist Meister, lasst ihn gehn!
Phoebus hat das Spiel verloren,
Denn nach meinen beiden Ohren
Singt er unvergleichlich schön.

Sopran (Momus): Wie, Midas, bist du toll?
Alt (Mercurius): Wer hat dir den Verstand verrückt?
Tenor I (Tmolus): Das dacht ich wohl, dass du so ungeschickt!
Bass I (Phoebus): Sprich, was ich mit dir machen soll?
Verkehr ich dich in Raben,
Soll ich dich schinden oder schaben?
Tenor II (Midas): Ach! plaget mich doch nicht so sehre,
Es fiel mir ja
Also in mein Gehöre.
Bass I (Phoebus): Sieh da,
So sollst du Eselsohren haben!
Alt (Mercurius): Das ist der Lohn
Der tollen Ehrbegierigkeit.
Bass II (Pan): Ei! warum hast du diesen Streit
Auf leichte Schultern übernommen?
Tenor II (Midas): Wie ist mir die Kommission
So schlecht bekommen!

Aufgeblasne Hitze,
Aber wenig Grütze
Kriegt die Schellenmütze
Endlich aufgesetzt.
Wer das Schien nicht versteht
Und doch an das Ruder geht,
Ertrinket mit Schaden und Schanden zuletzt.

Du guter Midas, geh nun hin
Und lege dich in deinem Walde nieder,
Doch tröste dich in deinem Sinn,
Du hast noch mehr dergleichen Brüder.
Der Unverstand und Unvernunft
Will jetzt der Weisheit Nachbar sein,
Man urteilt in den Tag hinein,
Und die so tun,
Gehören all in deine Zunft.
Ergreife, Phoebus, nun
Die Leier wieder,
Es ist nichts lieblicher
Als deine Lieder.

Labt das Herz, ihr holden Saiten,
Stimmet Kunst und Anmut an!
Lasst euch meistern, lasst euch höhnen,
Sind doch euren süssen Tönen
Selbst die Götter zugetan.

Handschriften Nachlass C.Ph.E. Bach; Bachhaus, Eisenach

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