Johann Sebastian Bach

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BWV BWV 244a
Titel Klagt, Kinder, klagt es aller Welt
Komponiert 23/24. März 1729, Köthen
Besetzung

Unbekannt

Sätze

Arie
Rezitativ
Arie
Rezitativ
Arie
Rezitativ
Arie
Dictum
Rezitativ
Arie
Rezitativ
Arie
Rezitativ
Dictum
Arie
Rezitativ
Rezitativ
Arie
Rezitativ
Arie mit 2 Chören
Arie mit 2 Chören
Arie
Rezitativ
Arie
Rezitativ
Arie tutti

Kategorie Trauer Kantate
Kirchenjahr Beerdigung des Prinzen Leopold von Anhalt-Köthen
Autor des Textes Christian Friedrich Henrici (Picander) 1729-1732
Text
Arie




Rezitativ











Arie





Rezitativ









Arie






Rezitativ









Arie










Dictum

Rezitativ







Arie





Rezitativ







Arie






Rezitativ




Dictum



Arie



Rezitativ











Rezitativ (1732)










Arie







(1732)





Rezitativ







Arie mit 2 Chören








Arie mit 2 Chören (1732)









Arie





Rezitativ














Arie






Rezitativ









Arie tutti

Erste Abtheilung
Klagt, Kinder, klagt es aller Welt
Lasst es den fernen Gräntzen wissen,
Wie euer Schatten eingerissen,
Wie euer Landes-Vater fällt.

O Land! bestürztes Land!
Wo ist dergleichen Pein
Wie deine Noth bekannt?
Die Sonne, die dir kaum am Mittag stunde,
Verhullet ihren Schein
In einen Todes Schatten ein.
Ach Leopold!
Der Gott getreu, und Seinem Lande hold,
Der niemals, wünschen wir, versterben hat gesollt,
Wird uns zu früh entwandt.
O Schmertz! O Wunde!
O Land! bestürtztes Land!

Weh und Ach
Kränckt die Seelen tausendfach.
Und die Augen treuer Liebe
Werden wie ein heller Bach
Bey enstandnen Wetter trübe.

Wie, wenn der Blitze Grausamkeit
Die Eichen rührt, und das Gefieder
Im Walde hin und wieder
Vor Schrecken und vor Furcht zerstreut,
So stehst du auch betrübtes Cöthen, du
Ein treuer Unterthan
Fühlt allzuwohl wie er geschlagen.
Ein ieder sieht den andern an;
Die Wehmuth aber schleusst die Lippen zu,
Sie wolten gern und können doch nicht klagen.

Zage nur du treues land,
Ist dein Seuffzer-reiches Qualen
Und die Thränen nicht zu zehlen,
O! so dencke dem Erbleichen
Ist kein Unglück zu vergleichen.
Zage nur, du treues Land.

Ach ja!
Dein Scheiden geht uns nah,
Holdseelger Leopold:
Und die wir Dich mit Schmertzen klagen,
Dass unser Sonnen-Strahl vergeht,
Der unserm Land so hold
Mit heitern Blicken aufgegangen.
O Jammer-Riss! der uns so früh entsteht,
Der unser Hertz mit bangen Zagen,
Wie das gebeugte Haupt mit schwartzen Flor umschlagen.

Komm wieder, Theurer Fürsten Geist,
Beseele die erstarrten Glieder,
Mit einem neuen Leben wieder,
Das ewig und unsterblich heißt.
Die Jugend rühmt, die Alten preisen
Das unser Land und ihre Zeit
So viele Gnad und Gütigkeit
Von Unserm Fürsten aufzuweisen.

Andere Abtheilung

Wir haben einen Gott, der da hilfft, u. einen Herrn, Herrn, der vom Tod errettet. (1.)

Betrübter Anblick, voll Erschrecken,
Soll denn sobald das Grab den Leib bedecken,
Der Tod ist da,
Die Stunde schlägt, das End ist nah.
Mein Gott, wie kommt mir das so bitter für,
Ach! warum eilest du mit mir!

Erhalte mich,
Gott, in der Helffte meiner Tage,
Schone doch,
Meiner Seele fällt das Joch
Jämmerlich.
Erhalte mich,
Gott, in der Helffte meiner Tage.

Jedoch der schwache Mensche zittert nur,
Wann ihm die sterbende Natur
Die kalte Grufft geöffnet zeiget,
Wer aber stets, wie Unsre Fürsten Seele
Noch lebend auf der Welt
Mehr nach dem Himmel steiget,
Als sich am Eitlen feste hält,
Der flieht mit Lust aus dieser irdnen Höhle.

Mit Freuden,
Mit Freuden sey die Welt verlassen,
Der Tod kommt mir recht tröstlich für.
Ich will meinen Gott umfassen,
Dieser hilfft und bleibt bey mir,
Wenn sich Geist und Glieder scheiden.

Wohl also Dir,
Du aller Fürsten Zier,
Du kontest Dir nicht sanffter betten;
Gott hilfft und kan vom Tod erretten.

Wir haben einen Gott, der da hilfft, u. einen Herrn, Herrn, der vom Tod errettet. (1.)

Die dritte Abtheilung

Lass, Leopold, dich nicht begraben,
Es ist Dein Land, das nach dir rufft,
Du solst ein ewig sanffte Grufft
In unser aller Hertzen haben.

Wie kont es möglich seyn,
Zu leben und Dich doch vergessen!
Ach nein!
Wir wir wissen gar zu allgemein,
Was treuer Unterthanen Pflicht,
Und unser Sinn ist nur dahin gericht,
Auch noch Dein Asche zu verehren.
Hochseelges Haupt,
Nur diss muss unsern Schmertz vermehren,
Wenn, wie so früh der Tod Dich raubt,
In stiller Ehrfurcht wir bey uns ermessen.

Wie könt es möglich seyn,
Zu leben und dich doch vergessen?
Ach nein!
Wir haben gar zu allgemein
Dein väterliches Regiment,
Das mehr vor Lieb als Eifer hat gebrennt,
Erfahren und bey uns ermessen.
Die eine Zeit
Wird es der andern offenbahren,
Und also dich die Ewigkeit
In unverloschnen Ruhm bewahren.

Wird auch gleich nach tausend Zähren
Sich das Auge wieder klären,
Denckt doch unser Hertz an Dich.
Deine Huld
Wird zwar durch den Tod entrissen,
Unsre Schuld
Bleibet aber ewiglich,
Dass wir Dich verehren müssen.
Deine Huld,
Die wir nicht zu preisen wissen,
Und Gedult
Blieb uns gleichfalls ewiglich,
Wenn du nur nicht sterben müssen.

Und, Herr, das ist die Specerey,
Womit wir Deiner Sarg verehren,
Ein ieder Unterthan
Dringt sich von allen Seiten.
Durch angenehmen Zwang und Streiten
Aus Sehnsucht vor den andern an:
Gleichsam, als solten sie die Treu,
Dir auch noch in dem Tode schweren

Die Sterblichen: Geh, Leopold, zu Deiner Ruh,
Die Auserwehlten: Und schlumre nur ein wenig ein.
Die Sterblichen: Nun lebst du
In der schönsten Himmels-Ruh,
Wird gleich der müde Leib begraben,
Die Auserwehlten: Der Geist soll sich im Himmel laben,
Und Königlich am Glantze seyn.


Die Sterblichen: Geh, Leopold, zu deiner Ruhe
Die Auserwehlten: Und schlummer nur ein wenig ein.
Die Sterblichen: Unsre Ruh,
Die Auserwehlten: So sonst niemand ausser Dir
Wird nun zu gleich mit Dir begraben.
Die Auserwehlten: (sic) Der Geist soll sich im Himmel laben
Und Königlich am Glantze seyn.

Vierte Abtheilung

Bleibet nun in eurer Ruh,
Ihr erblassten Fürsten-Glieder;
Doch verwandelt nach der Zeit
Unser Leid
In vergnügte Freude wieder,
Schliesst uns auch die Thränen zu.

Und Du betrübtes Fürsten-Haus,
Erhole Dich nun auch einmahl
Von Deiner Quaal.
Wie Gottes Hand bisher
Beständig auf Dich schwer
Und voller Plagen (Version 2: Schlagen) hat gelegen,
So wird dich auch nun in der Folge-Zeit
Ein unverrückte Fröhlichkeit
Ergötzen und verpflegen.
Die Nacht ist aus,
Der Tag bricht Dir nun heuter (Version 2: heiter) an.
Nun wird Dir, wie im frohen Lentzen,
Die angenehmen Sonne gläntzen,
Die keine Finsterniss noch Nebel stöhren kan.

Hemme Dein gequältes Kräncken,
Spahre Dich der gute Zeit,
Die den Kummer wird versencken,
Und der Lust die Hände beut:
Schmertzen, die am grösten seyn,
Halten desto eher ein.

Nun scheiden wir,
Hochseelger Leopold, von Dir.
Du aber nicht aus unserm Sinn.
Wir gehn nach unsern Hütten hin,
Und sammlen ängstlich auf der Erden
Mehr Asche zur Verwesung ein,
Und wünschen, wenn wir auch den Sold
Einst der Natur bezahlen werden,
So seelig und so sanfft, wie Unserm Leopold,
So müss auch unser Ende seyn.

Die Augen sehn nach Deiner Leiche,
Der Mund rufft in die Grufft hinein:
Schlaffe sicher (Version 2: süsse), ruhe fein,
Labe Dich im Himmelreiche!
Nimm die letzte Gute Nacht,
Von den Deinen die Dich lieben,
Die sich über Dich betrüben,
Die Dein Hertze werth geacht,
Wo Dein Ruhm sich unsterblich hat gemacht.

Bibeltext 1. Psalmen 68:21
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